Das geistliche Gespräch

Traditionelle Verkündigung und der Muslim

Wenn wir einem Muslim das Evangelium vermitteln möchten, wäre es beispielsweise sinnvoll, ihn zu unserem Gottesdienst einzuladen? Sicher nur dann, wenn eine echte Neugier zu spüren ist, der Muslim dem Evangelium schon ausgesetzt war oder er oder sie eine Erfahrung mit Gott gemacht hat, die ein ehrliches Interesse geweckt hat.

Ein Muslim braucht zuerst die Chance eines persönlichen Kontaktes und das Zeugnis echter Christen, um seine Voreingenommenheit überhaupt abbauen zu können.

Der Weg zum Herzen eines Menschen beginnt in meinem eigenen Herzen. Freundlichkeit und Interesse an seiner Person sind die ersten Schritte. Wenn sich eine menschliche Beziehung aufbaut, dann bleibt es gar nicht aus, dass man auch ganz natürlich und unbefangen über ewige Dinge reden kann. Und damit braucht man meist gar nicht lange zu warten. Für ihn ist Religion, im Gegensatz zu vielen Europäern, keine ‘Privatsache’. Darum ist sicher ein persönlicher Kontakt der beste Weg, einen Muslim zu erreichen.

Der Brückenschlag

Wie sollen wir nun Muslimen begegnen? Einfach als Menschen! Sie mögen hingebungsvoll an ihrer Religion hängen, Heuchler, freundlich, militant oder hochmütig sein. Gott will, dass “alle Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit kommen” (1.Tim. 2:4), und “will nicht, dass jemand verloren gehe, sondern dass jeder zur Umkehr finde” (2. Pet. 3:9). Unsere Aufgabe ist es, ihnen zu helfen, zur Erkenntnis dieser Wahrheit zu gelangen und den Weg zur Umkehr zu finden. Jeder Christ, der irgendwie einen Berührungspunkt mit Muslimen hat, ist hier gefragt!

Der beste Kontakt ist immer der sich natürlich ergebende. Solche Begegnung bringt eine geringere Befangenheit mit sich. Es gilt sie nur zu nutzen! Wir wissen, wo Muslime in unserer Umgebung arbeiten oder wohnen. Ein aufmerksamer Christ wird seinen Auftrag immer vor Augen haben und sich ergebende Gelegenheiten wahrnehmen, seinen Glauben zu bezeugen - dem Nebenmann im Bus oder Zug, dem Anhalter, den man mitnimmt, dem Nachbarn oder Arbeitskollegen. Sicher werden wir nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und auch so viel Takt zeigen, dass wir nicht aufdringlich sind. Es gibt vielerlei Möglichkeiten, Kontakte zu knüpfen, doch keine Methode wird  beanspruchen können, die einzig richtige zu sein.

Die ersten Augenblicke einer Begegnung sind oft entscheidend. Hier kann sowohl eine gewisse Offenheit wachsen, ebenso kann sich auch eine Ablehnung entwickeln, etwa wenn sich die angesprochene Person bedrängt fühlt.

Eine gewisse allgemeine Zurüstung für ein Zusammentreffen ist immer ratsam. Ein Minimum an Vertrauen ist aber notwendig, bevor man tiefschürfende Glaubensgespräche beginnt.

Der Vertrauensfaktor

Wir vertrauen nicht jedem, der an unsere Tür klopft, um uns diesen oder jenen Handelsartikel zu verkaufen. Auch wenn wir beispielsweise ein gebrauchtes Auto kaufen, fragen wir uns, warum der Verkäufer seinen Wagen abstoßen will. Vielleicht kaufen wir mit seinem Wagen auch die Probleme, die er damit hatte. Wenn wir schon in solch einem Fall zu Recht oder Unrecht misstrauisch sind, wie viel mehr muss das der Fall sein, wenn ein Fremder kommt und uns den Weg zum ewigen Leben zeigen will, noch dazu einen Weg, vor dem wir schon von Kindheit an gewarnt wurden.

Ein Muslim wird unserer Botschaft zunächst sehr zurückhaltend und misstrauisch zuhören, bis er uns für glaubwürdig und aufrichtig genug hält. Vertrauen wächst auch nicht an einem Tag. Es entsteht durch menschlichen Kontakt auf persönlicher Ebene. Es versteht sich von selbst, dass sich in diesem Prozess der Christ damit auch der Botschaft des Islam stellen muss. Für jemand, der seine Bibel einigermaßen kennt, kann so ein Gespräch eine glaubensstärkende Erfahrung sein und er wird seine Bibel mehr als je zu schätzen wissen.

Unsere Liebe wird auch spürbar an dem Interesse, das wir unserem Gegenüber zeigen. Wenn wir falsche Auffassungen und Eindrücke korrigieren, und das muss getan werden, wird das eben nicht arrogant oder überheblich geschehen. Es geht uns ja immer wieder darum, die Wahrheit glaubhaft zu bezeugen und zu belegen.

Der gemeinsame Ausgangspunkt

In einem geistlichen Gespräch ist es, zumindest anfänglich, immer richtig, sich nicht über Lehrmeinungen zu streiten. Wir wollen über Gott reden. Wer ist Gott? Wie ‘redet’ er? Was für Hoffnungen und Erwartungen haben wir ihm gegenüber? Was erwartet Gott von uns? Wir wollen zunächst eine gewisse Neugier bei unserem Gesprächsparten wecken und ihn nicht gleich mit dogmatischen Aussagen zurückstoßen.

Es wird eine Hilfe sein, ihm deutlich zu machen, dass wir alle als Menschen letztlich im gleichen Boot sitzen. Wir möchten doch leben, wie Gott es sich für uns gedacht hat. Wir möchten Gott gefallen und brauchen alle seine Vergebung. Wir haben die gleichen religiösen Bedürfnisse, mögen auch unsere Überzeugungen unterschiedlich sein. Das mögen für einen Muslim völlig neue Gedanken sein.

Wir können einem Muslim sagen: “Sieh, du bist überzeugt von dem, was du glaubst - ich auch. Da aber unsere Glaubensinhalte ihrem Wesen nach nicht nur unterschiedlich sind, sondern sich manchmal sogar widersprechen, sollten wir den Mut haben, gemeinsam diese Dinge zu bedenken. Unsere Zukunft in Ewigkeit hängt von unserem Glauben hier ab. Unsere Entscheidungen hier und jetzt bestimmen unsere Zukunft. Darum sollten wir uns der Wahrheit stellen.

Im Vordergrund werden immer wieder die schon erwähnten zwei Fragen stehen: Was glauben wir? und Warum glauben wir das? Für die Wahrheitsfindung ist die ‘Warum-Frage’ höchst wichtig. Die Antwort wird natürlich immer zu Jesus hinführen. Er allein ist der Weg, die Wahrheit und das Leben, ohne den niemand zu Gott dem Vater kommen kann.

Was wir von unserem Gegenüber erwarten, müssen wir selbst sein: transparent, ehrlich und so objektiv wie möglich.

Fragen, die ein Gespräch fördern

Um in ein geistliches Gespräch zu kommen, ist es förderlich, einen Muslim nach seinem persönlichen Glauben zu befragen. Wenn man sich wenig kennt, mag es besser sein, einfache Fragen zu stellen, wie z.B. “Warum tragen Muslime meist eine Kopfbedeckung?” oder “Warum benutzen Muslime vorgeschriebene arabische Gebete und formulieren sie nicht mit eigenen Worten in ihrer Muttersprache?” oder “Welche Bedeutung haben die Fastentage?” und “Ich hörte, dass Muslime Schlachtopfer (Korban) darbringen. Warum eigentlich?” Solche Fragen geleiten leicht und ganz natürlich zu einem missionarischen Gespräch, ohne aufdringlich zu sein.

Den Islam infrage stellen

Sollte man so etwas tun? Ist es nicht eine Art Aggression, die es zu vermeiden gilt? Die Antwort auf diese Frage ist an unser Motiv gebunden. Will ich meinem Gegenüber liebevoll helfen, die Wahrheit zu finden, oder will ich ihn ‘in die Pfanne hauen’, aus Rache dafür, dass er mich und meinen Glauben angegriffen hat, und weil ich dazu die nötige ‘Munition’ habe ihn ‘abzuschießen’? Offensichtlich ist das zweite Motiv unakzeptierbar. Wir wollen doch einem Menschen die Augen öffnen! Das schließt auch mit ein, dass er die Schwachpunkte seiner Religion sehen lernt.

Wie fängt man so was an? Erst einmal darf solch ein Thema nicht an den Anfang eines Gespräches gestellt werden. Dann ist ein gewisses Maß von gegenseitiger Akzeptanz eine Vorbedingung. Eine gute Art, Zweifel am Islam zu wecken, ist zunächst vielleicht eine zeugnishafte Einladung zum Vergleich: “Schau einmal, was Jesus für uns getan hat. Er reinigt von aller Sünde, auch von der Macht der Sünde, der wir ja täglich ausgesetzt sind, und somit brauchen wir keine Sklaven der Sünde mehr zu sein. Er nimmt uns die Angst vor der Hölle, in der wir ohne sein Sündopfer auf ewig von Gott getrennt wären und befreit alle, die mit ihm leben. Er gibt uns damit eine neue Gegenwart und verspricht eine herrliche und sichere Zukunft. Und das alles ist von Gott verbürgt. Was kann man sich noch mehr wünschen?”

Irgendwann wird in unserem Gespräch mit Muslimen ein Zeitpunkt kommen, an dem wir konkreter mit ihm über die Schwachstellen des Islam und dessen Propheten reden müssen. Das sollte besser später, als zu früh geschehen. Dass wir das sehr behutsam tun sollten, braucht wohl nicht erwähnt zu werden. Es darf unsererseits nie auch nur ein Anflug von Zynismus oder Häme mitschwingen! Eine Kritik sollte immer freundlich und sachlich vollzogen werden. Unser Gegenüber muss einfach spüren, dass wir ihn nicht verletzten möchten, dass es wirklich nicht unsere Absicht ist, ihm, mit dem was wir sagen, weh zu tun. Andererseits müssen Offenheit und Ehrlichkeit, wenn es um Wahrheit geht, eine Voraussetzung sein, auf die wir nicht verzichten können.

Die Diagnose eines Arztes mag uns schockieren, doch ohne diese kann keine wirkungsvolle Therapie folgen. Ein Pflaster über ein Krebsgeschwür zu kleben, hilft nicht. Der Krankheitsherd muss entfernt werden – auch wenn dieser Prozess schmerzhaft ist. Nur dann kann Heilung stattfinden.

Auf welche Schwachstellen im Islam kann man nun kritisch hinweisen? Dort, wo die islamische Polemik eine Verfälschung der Bibel behauptet. Hier braucht sich niemand persönlich angegriffen zu fühlen, außer die Ulama (die islamischen Lehrer). Eine Auseinandersetzung mit der islamischen Prädestinationslehre und dem darin charakterisierten Wesen Allahs, kann ein Augenöffner sein. Vor allem aber ist die Frage nach dem Tod und dem, was danach kommt, besonders im Vergleich mit der Bibel, ein aktuelles Thema. Sicher ist es auch nicht verkehrt, einmal die Person Muhammads unter die geistliche Lupe zu nehmen und an biblischen Maßstäben zu messen. Das muss aber mit besonderer Behutsamkeit geschehen. Doch letztlich geht es immer nur um das eine: Lasst uns Muslimen den Christus der Bibel vor Augen malen (Gal. 3:1)!

Wie bei jedem Menschen, so ist auch bei Muslimen ihre Überzeugung ihr ‘Absolutum’. Es ist die Basis des Lebens, des Seins und Denkens, etwas, was man nicht ohne weiteres aufgibt.

Erst wenn ein Mensch beginnt, an dem eigenen Fundament Risse zu entdecken und Zweifel aufsteigen, und er erkennt, was die Bibel im Vergleich zu seiner Religion anzubieten hat, wird man mit einer relativen Offenheit rechnen können.

Die zweifache Aufgabe eines Zeugen wird uns anhand der Berufung des Propheten Jeremia verdeutlicht:

“Ich bestelle dich …., um aufzubauen und zu pflanzen … auszureißen und nieder zu reißen, zu vernichten und zu zerstören.” (Jeremia 1:8,10).

Wir können erkennen, dass Gott ein zweifaches Ziel hat:

  1. Die Vermittlung der Wahrheit
  2. Das Zerstören falscher Vorstellungen bzw.
    die Entlarvung vermeintlicher ‘Wahrheiten’.

Darum werden wir auch immer versuchen, wenn wir die Botschaft von Jesus bezeugen, gleichzeitig bei unserem Gesprächspartner auch das zu tun, was Gott dem Jeremia ans Herz legte, nämlich auszureißen, nieder zu reißen, zu vernichten und zu zerstören.

Im Neuen Testament wird das konkreter formuliert:“Wir …. führen unsern Kampf nicht nach Fleischesart; denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher (menschlicher) Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: Wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge und jede hohe Burg, die sich gegen die Erkenntnis Gottes erhebt, und nehmen alles Denken in den Gehorsam gegen Christus gefangen.” (2. Kor. 10:4-5). Und dann werden wir in Epheser 5:11 ermahnt: “Habt nichts zu tun mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, legt vielmehr missbilligend Zeugnis gegen sie ab”.

Das tun wir, wenn wir unserem muslimischen Bekannten Mut machen, auch den Inhalt und die Verlässlichkeit seiner eigenen Quellen zu prüfen.

Wir sollten uns allerdings grundsätzlich davor hüten, anti-islamische Propaganda zu betreiben – und trotzdem die Freiheit haben, falsche Erkenntnisse, Auffassungen und Eindrücke zu korrigieren, wo dies am Platz ist.

 

 

Das emotionsgeladene Gespräch

Bei politischen und religiösen Diskussionen, also bei Themen, die unseren Adrenalinspiegel hoch schnellen lassen, passiert es allzu oft, dass beide Gesprächspartner gleichzeitig reden - und keiner richtig hinhört. Jeder ist auf seinen Standpunkt fixiert und somit unfähig, auf das zu hören und einzugehen, was der andere sagt.

Unser Gegenüber soll spüren, dass wir uns auf ihn einstellen und wirklich hinhören, auf das, was er zu sagen hat.

Gespräche mit Muslimen führen oft zu scharfen Diskussionen, die auf stark gefühlsbetonter Ebene ausgetragen werden. Es ist natürlich, dass man sich dazu hinreißen lässt, wenn die Grundlagen des eigenen Glaubens angegriffen werden. Kein Mensch freut sich, wenn er entdeckt, dass das, was die Grundlage seines Lebens ausmacht, sich als Irrtum oder sogar als Lüge erweist. Daher ist es für uns ganz wichtig, sachlich und freundlich zu bleiben. Es wäre allzu verständlich, wenn wir in einer solchen Situation Muhammad durch den Kakao ziehen oder ihn als Ehebrecher oder Mörder bezeichnen würden. Aber das ist wirklich nicht konstruktiv. Wollen wir unser besseres Wissen in solch ‘fleischlicher’ Weise an den Mann bringen?

Das heißt aber nicht, dass wir nicht auch nachdrücklich kategorische Feststellungen machen dürfen.

Sind nun Emotionen in solchen Gesprächen überhaupt vermeidbar? Sicher nicht. Dazu sollten wir auch darum wissen, dass in vielen gesellschaftlichen Gruppen, besonders bei Orientalen, sehr viel leidenschaftlicher argumentiert wird, als wir es gewöhnt sind. Darum sollten wir nicht zimperlich sein und eine Diskusion mit Leidenschaft führen – solange wir dabei fair bleiben.

Es kommt natürlich auch vor, dass ein Muslim zornig oder ausfallend wird. Erfahrungsgemäß ändert sich das schnell, wenn man ihn freundlich, manchmal vielleicht auch scharf, auf Sure 29:47 hinweist, wo es heißt: “Mit den Schriftbesitzern (Juden und Christen) streitet nur auf die anständigste Weise… und sagt: ‘Wir glauben an das, was uns, und an das, was euch offenbart worden ist…’.” Das wirkt manchmal Wunder!

Einzelgespräche oder Gruppenstreit

Die Erfahrung lehrt uns auch, dass Einzelgespräche effektiver sind, als Gespräche mit einer Gruppe, weil jedes Gruppenmitglied darauf bedacht ist, nicht sein Gesicht vor dem anderen zu verlieren, aber auch sich als besonders guten Muslim hervor zu tun. Bestenfalls können in einer Gruppe Einzelkontakte entstehen, die später weitergeführt werden können. Im Gespräch mit einer Gruppe von Muslimen stürmen oft Dutzende von Fragen auf uns ein, wobei niemand an einer Antwort interessiert ist. Es ist dann ratsam, diese zu sammeln, zu ordnen und darauf zu bestehen, die Antworten Punkt für Punkt zu geben. Was wir von einem Muslim erwarten, das darf er aber auch bei uns voraussetzen.